Zupforchester Ötzingen besucht Luzern

ZO Oetzingen in Luzern

Gemeinsames Pfingstkonzert der Zupforchester Luzern und Ötzingen

Das Zupforchester Luzern ZOL feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen. Da dieses hohe Jubiläum mit entsprechend aussergewöhnlichen Anlässen gewürdigt werden sollte, reagierte der Vorstand mit Begeisterung, als im vergangenen Sommer die Anfrage für ein gemeinsames Konzert eintraf. Absender war ein Zupforchester, das in der beschaulichen, 1300 Einwohnende zählenden Gemeinde Ötzingen im Westerwald beheimatet ist, ziemlich genau mittig auf einer gedachten Linie zwischen Frankfurt a. M. und Bonn.

Am Freitag, 6. Juni, wurden die Musikerinnen und Musiker des Zupforchesters Ötzingen samt ihren Begleitpersonen zum Empfang in den Wasserturm eingelassen. Im gewaltigen Dachraum hoch über der Kapellbrücke erwartete die Gäste aus Deutschland nicht nur ein Apéro, sondern auch viel Wissenswertes und Anekdotisches aus der Geschichte des Turms, das der Stubenmeister und seine Frau zum Besten gaben. Spätestens als die Fensterläden geöffnet wurden und sich den Gästen ein Ausblick auf die Stadt und den Vierwaldstättersee bot, den ansonsten nur die Alpensegler geniessen, wurden die ersten Erinnerungsfotos gemacht.

Am Samstag Vormittag trafen sich beide Orchester im «Südpol», dem künstlerischen Mehrspartenhaus der Stadt Luzern, zur gemeinsamen Probe. Nachdem 36 Musizierende ihren Sitzplatz im grossen Rund gefunden hatten, zeigte sich schnell, dass man sich musikalisch bestens verstand: Yasuo Kuwaharas «Song of Japanese Autumn» und «Music» von John Miles klangen schon beim ersten Durchlauf, als ob man seit Monaten gemeinsam diese Werke erarbeitet hätte. Und es war nicht von der Hand zu weisen: Beide Kompositionen klingen erst in grosser Formation so richtig gut.

Nach der Mittagspause trafen sich Musizierende und Mitgereiste vor dem KKL zu einer Stadtführung. Luzern zeigte sich dabei von seiner allbekannten Seite: Es regnete! Zum Glück boten das ausladende Dach des Kulturtempels von Jean Nouvel und die Jesuitenkirche an der Reuss, die nächste Station auf dem Rundgang, Schutz vor dem Nass. Danach besserte sich das Wetter soweit, dass der Spaziergang zur Spreuerbrücke und durch die Altstadt ohne Beeinträchtigung von oben vonstatten gehen konnte. Am Abend fand sich das ZOL noch zu einer separaten Probe zusammen, da man mit dem aus Ötzingen «ausgeliehenen» Kontrabassisten die eigenen Stücke noch anspielen wollte. Anschliessend fanden alle zum gemeinsamen Abendessen zusammen.

Am Nachmittag des Pfingstsonntags, an dem Sturmböen und sommerlicher Sonnenschein um die Wettervorherrschaft stritten, stand dann das gemeinsame Konzert in der Kirche St. Pius in Meggen an. Nach einer kurzen Vorprobe, in deren Anschluss sich die Spielenden bei einer Pizza stärken konnten, eröffnete das ZOL um 18 Uhr das Konzert mit «Partial Eclipse» von Richard Charlton. In seiner Begrüssung der ca. einhundert Zuhörenden, die sich in der Kirche St. Pius eingefunden hatten, verknüpfte Thomas Manetsch den Aufführungsort mit dem Konzertmotto: «Und die Welt hebt an zu klingen!» Kern des Gedichts «Wünschelrute» des deutschen Romantikers Joseph von Eichendorff, dessen dritte Zeile man in leichter Variation gewählt hatte, sei die Behauptung, dass allen Dingen ein «Lied», eine Poesie oder besondere Ästhetik innewohne, die der Dichter zum Vorschein bringen könne. Ähnliches habe der Solothurner Architekt Franz Füeg geschafft, nach dessen Plänen die Piuskirche 1964–1966 errichtet worden war. Die moderne, fensterlose Kirche wird von einem Stahlskelett gebildet, deren vertikale Ständer Marmorplatten aus Griechenland halten. Im Sonnenlicht, das durch die dünnen Steinplatten schimmert, enthüllt sich die metamorphe Struktur, wird die steinerne Poesie des Baumaterials sinnlich erlebbar.

Passend zu dieser modernen Architektur setzte das ZOL unter der Leitung von Silke Lisko seinen Konzertbeitrag mit zeitgenössischen Kompositionen des Japaners Goshi Yoshida («Die Mandoline ist immer in meinem Herzen»), Stefan Oefners («Preludio e Blue Samba») und Karl Jenkins’ («Palladio») fort. Das von Maria Neuroth dirigierte Zupforchester Ötzingen hatte sich den zeitlichen Rahmen seines Programms hingegen etwas weiter gesteckt und thematisch das für die Stimmung im Kirchenraum so entscheidende Sonnenlicht ins Zentrum gerückt. So folgte auf das barocke «Concerto all’unisono, opus 2 Nr. 6» von Evaristo Felice dall’Abaco die «Morgenstimmung» aus Edvard Griegs … und von Dieter Kreidler das Stück «About Rising Sun». Mit den gemeinsam aufgeführten Werken von Kuwahara und Miles verdienten sich die beiden Orchester stehende Ovationen des Publikums.

Als krönenden Abschluss des gemeinsamen Musikwochenendes wurde am Pfingstmontag ein Ausflug auf den Pilatus unternommen. Bahn- und Schiffsfahrten sowie der Aufenthalt auf dem Gipfel bei herrlichstem Sonnenschein gaben Gelegenheit zu vielfältigen Gesprächen. Am Ende des Tages waren sich die Luzerner Mitglieder einig, dass man die herzliche Einladung zu einem Gegenbesuch in Ötzingen nur allzu gerne wahrnehmen wird!

Thomas Manetsch

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