Was lange währt …

Konzert des Mandolinen-Orchesters Zürich

Am Nachmittag des 07. November 2021 war etwas sehr Ungewöhnliches an der Staufferstrasse in Züri zu beobachten. Eine lange Schlange wartete geduldig vor dem reformierten Kirchgemeindehaus Aussersihl und bewegte sich langsam vorwärts, Zertifikat und Ausweis zeigen zu dürfen. Im Inneren öffnete der wunderbare Sigrist Herr Ramon immer wieder die immens grosse Schublade unter der Bühne, um noch weitere Sitzgelegenheiten hervorzaubern.

Das Ziel aller? «Old School» – das Jahreskonzert 2020 des Mandolinen-Orchesters Zürich. Nein, keine Zeitreise, sondern das zweifach verschobene Programm. Was hat es nicht alles erlebt! Noch zusammengestellt und angespielt von Sarah Kohn-Frei, dann erarbeitet mit Elena Kisseljow, Pandemiepausen, ein Bassist verletzt, eine Mandola und einen Gast-Bass aus Basel gewonnen. Geprobt mit Maske in der Cramerstrasse, mit Abstand im Konzertsaal, in den Räumen eines Ingenieurbüros oder in der Musikschule in Uster. Lange durfte es in den Köpfen und in den Fingern reifen, bevor es das Licht der Bühne erblickte.
Meist waren die Konzerte des MOZ im März, letztes Jahr ausser der Reihe im September. Eigentlich egal, aber das Besondere am November ist die Dunkelheit um 17 Uhr. Das zauberte eine besondere Stimmung, nachdem endlich alle einen Platz gefunden hatten und zur Ruhe kamen. Der Saal dunkel, durch die hohen Fenster hätte nur der Mond schauen können, das Publikum – ein stiller Schatten. Die Scheinwerfer an und alle Konzentration zog auf Elenas zauberhaftes Dirigat und lies die Musik fliessen.

Die Lust nach einigen Konzerten mit viel zeitgenössischer Musik auch wieder ältere Werke zu spielen, führte zum «Old School». Das Trio B-Dur von Leone und Orchesterquartett in C-Dur von Stamitz machten den barocken und fast festlichen Anfang. Dann wurde ein kleiner südamerikanischer Block eingeschoben, mit zwei Sätzen der Rio de Janeiro Suite von Kindle und dem berühmten Tango Por una cabeza von Gardel. Cherubinis Doppelfuge leitete der Moderator Sven Kiesewetter mit der Rezitation des Gedichts «einander zudrehen» von Eugen Gomringer ein, dessen Verse vielleicht so klingen, wie sich eine Fuge anfühlt. Das Rondo Op. 127 von Calace und die Sinfonia in Re Maggiore rundeten das wunderbare Konzert mit viel Schwung ab.
 
Das Publikum bedankte sich mit phantastischem Applaus, und die Präsidentin musste fast die Danksagung abbrechen, da die Rührung über diese wundervolle Stimmung in Stimme und Augen schoss. Gedankt wurde dann doch noch … Elena Kisseljow als geniale Gastdirigentin, Sarah Kohn-Frei als ehemalige musikalische Leitung (und mit kleiner Tochter im Publikum), Peter Jess als Bass in der Not, dem MOZ fürs Zusammenhalten und dem Immerspielenwollenegalwasdiepandemiedazusagt, an Sven Kiesewetter für den souverän gesprochenen roten Faden, Dominik Völlmin/Studio Tonsalat für die Tonaufnahmen, und natürlich allen Helfer:innen und Gönner:innen!
 
Die letzten Worte wiesen schliesslich in die Zukunft und galten der Freude über die neu gewonnene musikalische Leitung Thomas Mertin, der ebenfalls im Publikum sass und sich die Fussstapfen anhörte, in die er treten wird. Wir freuen uns auf das erste gemeinsame Konzert!
 
 
Nanni Jelinek